CATHARINA SZONN | That’s what I’m living for

ÜBER MECHANISTISCHE WELTBILDER STOLPERN

Legt man den Haushalt an das Raster Kapitals, so vernehmen wir nur das saftige Schlürfen eines Abflusses. Was heutzutage gemeinhin unter Care-Arbeit verstanden wird, umschließt als ganz selbstverständliche Leistung die vielen Strukturen, die Gesellschaft und Gesundheit, Familie und Wohlstand ermöglichen, und fließt unbeachtet an jeglicher Wertschöpfungskette vorbei. Der Bereich, in dem sich überhaupt nur langsam ein Begriff von Arbeit entwickelt, ist aber durchaus als Weibliches Kapital quantifizierbar (Scott 2020). Im Spiegel der Mechanisierung der Moderne herrscht trotzdem noch eine tradierte Kluft im Werten der Haushaltsführenden (von Frauen, Männern bis Divers*). Zu Recht stolpern deshalb Philosoph*innen und feministische Denker*innen über Marx‘ vereinfachtes Weltbild, das das Servosystem der Sorgearbeit (lat. servus, Diener, Sklave) gar nicht erkannt hat. Es ist doch nur eine „Half-Earth“, wenn ein Weltbild ganz ohne die ‚anderen‘ Geschlechter konstruiert wird. Das ist weniger ein Versagen des Moments der Technik, als ein Beweis für die Unvollkommenheit des mechanistischen Modells zur Welten-Erschließung. Technik ist letztlich auch nur ein Hilfsmittel. Hier prallen Post- und Transhumanismus, die Maschinen-Frau und die Frauen-Maschine aufeinander. Erstere durchdringt Komplexität mithilfe von Technologie. Sie ist Subjekt über das Objekt der Mechanik. Letztere, womöglich als Befreiung von deiner unbändigen Natur erträumt, ist austauschbares Objekt im Getriebe ihrer Meister. Das Servosystem arbeitet dem Mastersystem zu.

Nun ist die Maschine eine Nostalgie der Moderne, deren Ende mit einer Re-Naturalisierungsbewegung abzusehen ist. Damit ist gemeint, dass Technik grundsätzlich als Wildwuchs, der nach unseren Vorstellungen kultiviert werden kann, wahrgenommen werden sollte. Die Maschine eignet sich nicht als Ideal. Technologie sprengt Systeme und durchdringt überkommende Raster. Lasst uns an Automaten arbeiten, die Asymmetrien der Macht und überkommene Muster aufbrechen und uns menschlichere Menschen sein lassen!

Text von Lona Gaikis zum Anlass der Publikation

That’s what I’m living for

Hörspiel von Catharina von Bülow und Catharina Szonn.
Wien / Frankfurt am Main / Lüttichau, 2022
Distribution: Motto Books Geneva (CH).